Wie spricht man mit Klient*innen "empirisch richtig" über Antidepressiva?
"Ein Update zu "Placebos, Drogen, Medikamente. Der schwierige Umgang mit Antidepressiva". lautet der Untertitel eines aktuellen Artikels von Dipl.-Psych. Thorsten Padberg (einen Link zum ursprüngichen Artikel finden Sie weiter unten). Herr Padberg setzt sich mit einer neuen Übersichtsarbeit zu Serotonin und Depression auseinander und leitet daraus ab, dass "auch unsere Formulierungshilfe solchen Nebenwirkungen ausreichend Raum geben [müsste], um jedem*jeder eine selbstbestimmte Entscheidung bzgl. einer Einnahme zu ermöglichen:
Antidepressiva erzeugen im Durchschnitt minimal größere Effekte als Placebos. Die Chance, zu den sogenannten "Super-Responder*innen" zu gehören, die eine deutliche Verbesserung durch das Antidepressivum erfahren, liegt für Sie bei ca. 15%. Der Wirkmechanismus ist unbekannt. Eine mögliche Erklärung für die beobachtete Wirkung von Antidepressiva könnte auch der Placebo-Effekt sein oder eine natürliche Remission der Beschwerden. Sie sollten bei Ihrer Entscheidung also das Für und Wider genau abwägen.
Es gibt Hinweise auf eine überdurchschnittliche Linderung depressiver Stimmung durch Antidepressiva, die von manchen aber als unangenehme emotionale Abstumpfung empfunden wird Zudem müssen Sie mir recht hoher Wahrscheinlichkeit mit sexueller Unlust rechnen sowie mit Gewichtssteigerungen und weiteren körperlichen Nebenwirkungen wie Übelkeit, sexuellen Dysfunktionen, Benommenheit oder Müdigkeit. Typischerweise werden Antidepressiva über Monate oder Jahre eingenommen. Ob Antidepressiva über so lange Zeiträume hilfreich sind und welche Folgen dies hat, ist nicht bekannt. die Forschung hat sich mit der Einnahme von Antidepressiva meist nur über Zeiträume von sechs bis zwölf Wochen beschäftigt.
Einige haben zudem Schwierigkeiten, Antidepressiva wieder abzusetzen, Wenn man auch nicht von Sucht spricht, verspüren über die Hälfte derjenigen, die Antidepressiva einnehmen, solche Entzugserscheinungen. In einer Studie berichteten fast 40% derjenigen, die Antidepressiva eingenommen hatten, sie hätten fast zwei Jahre lang Absetzsymptome gespürt, darunter Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Ängste, ein Gefühl von elektrischen Schlägen und ein parkinsonähnliches Zittern Deshalb sollten Sie die Medikamente auch keinesfalls abrupt absetzen.
Häufig wird dieses sog. Absetzsyndrom auch mit dem Wiederauftreten der Depression verwechselt, weil sich die Symptome ähneln können. Wir lernen gerade erst, diese Absetzsymptome von Depression-Symptomen zu unterscheiden. [...|."
Psychotherapeutenjournal Heft 4/2022, S.336-341.
Antidepressiva - ja oder nein
Die renommierte deutsche Chemikerin Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim untersucht in dieser Folge ihres Youtube-Kanals maiLab die Studienlage zu Antidepressiva, wobei insbesondere deren Wirksamkeit unter die Lupe genommen wird.
- Zum Beitrag "Antidepressiva - ja oder nein"
Podcast
- 50 Minuten
Der Podcast der internationalen psychoanalytischen Universität Berlin (IPU) richtet sich an alle, die am Thema Psychologie und Psychotherapie interessiert sind. Er ist in Interviewform gehalten und dauert - genau wie eine Psychotherapiesitzung - 50 Minuten pro Folge.
-- Rätsel des Unbewussten
Ein interessanter Podcast für Laien und Fachleute über die Psychoanalyse. Es werden Grundkonzepte, die Behandlungstechnik und die wissenschaftliche Fundierung der Psychoanalyse verständlich und anschaulich vorgestellt. Autoren sind die Heidelberger Psychonanalytiker Dr. Cécile Loetz & Dr. Jakob Müller.
Zum Podcast Rätsel des Unbewussten
Placebos, Drogen, Medikamente – Der Schwierige Umgang mit „Antidepressiva“
„Depression“ – Stoffwechselstörung im Gehirn ? Wie wirksam sind die sog. „Antidepressiva“? Was ist dran an der weit verbreiteten Serotinhypothese der Depression? Wie ist der aktuelle Forschungsstand? Lesen Sie dazu den Artikel von Thomas Padberg im Psychotherapeutenjournal…
Gesundheitsdaten in Gefahr
Liebe Patientinnen und Patienten,
bisher konnten Sie sicher sein, dass niemand außer Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin erfährt, welche Krankheiten Sie haben. Sie konnten immer selbst bestimmen, wem Sie von Ihren Krankheiten erzählen oder wer Ihre Krankheitsberichte sehen darf. Alle Ihre Unterlagen werden bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt aufgehoben, in letzter Zeit meistens im Computer in der Praxis. Nur wenn es nötig ist und Sie einverstanden sind, bekommen andere Ärzte oder Krankenhäuser Ihre Unterlagen.
Das wird sich aber bald ändern. Alle Ärztinnen und Ärzte sollen die Berichte ihrer Patienten auch auf fremden Computern speichern, die nicht in unseren Praxen, sondern bei großen Firmen stehen. Das ist ein neues Gesetz. Wenn wir Ärzte das nicht machen, werden wir bestraft.
Viele Ärztinnen und Ärzte machen sich große Sorgen, dass Ihre Unterlagen auf den fremden Computern nicht sicher sind. Andere Menschen könnten Ihre Berichte lesen, die das eigentlich nicht dürfen. Das ist gefährlich und kann Ihnen schaden. [Auszug aus der Homepage Gesundheitsdaten in Gefahr]
Eine Gruppe von Ärzten rund um Dr. Mücke und Dr. Meißner hat eine Website mit zahlreichen Informationen sowie einer Petition zu dem Thema erstellt.
Zur Homepage Gesundheitsdaten in Gefahr
Über die Wirksamkeit von psychodynamischer Psychotherapie
Eine gute wissenschaftliche Übersichtsarbeit zur nachhaltigen Wirksamkeit und den Wirkfaktoren psychodynamischer Psychotherapie finden Sie hier: “The Efficacy of Psychodynamic Psychotherapy,” Jonathan K. Shedler, PhD, University of Colorado Denver School of Medicine; American Psychologist, Vol. 65. No.2.
Vergleichsstudie zur Wirksamkeit von Verhaltenstherapie und Psychoanalyse
In einem groß angelegten Forschungsprojekt wurde die Wirksamkeit von psychoanalytischen und verhaltenstherapeutischen Langzeittherapien untersucht. Die Studie verdeutlicht die Überlegenheit von Langzeit- gegenüber Kurzzeittherapien. Verhaltenstherapie und analytische Therapie erzielten ähnliche gute Ergebnisse, wobei ein besserer Zugang zu inneren konflikthaften Erlebensmustern längerfristig vor allem in psychoanalytischen Behandlungen erreicht werden kann.
Die Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) zur LAC-Studie finden Sie hier: Psychoanalytische und verhaltenstherapeutische Langzeittherapien helfen chronisch depressiv Kranken dauerhaft.